Herr BenMrad, im Tagesanzeiger vom 1. April 2017 wird erwähnt, dass Sie an einem Anlass mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan teilgenommen haben. Weshalb haben Sie diesen Anlass besucht?
Die türkische Religionsbehörde Diyanet hat etliche Präsidenten von muslimischen europäischen Dachverbänden, darunter auch mich als FIDS Präsidenten eingeladen. Die kommunizierte Agenda beinhaltete den Kampf gegen den Terrorismus und Gruppierungen, die den Islam als Religion missbrauchen. Das sind Themen, die wir auch hier in der Schweiz besser verstehen müssen, um präventiv und lösungsorientiert agieren zu können.

Warum bauen Sie jetzt Beziehungen mit der Türkei auf?
Es leben Muslime mit unterschiedlichen ethnischen Hintergründen mit uns. Die meisten stammen ursprünglich aus albanisch sprechenden Ländern und Regionen, jedoch zu einem grossen Teil auch aus Bosnien oder der Türkei. In meiner Rolle als FIDS Präsident habe ich mich deshalb in den letzten Monaten auch mit Spitzenvertretern der albanischen und bosnischen Religionsgemeinschaften während ihrer Besuche in der Schweiz ausgetauscht. Wir haben den Obermufti von Bosnien sogar im Schweizer Rat der Religionen empfangen. In diesem Kontext habe ich auch die Einladung zur europäisch-asiatischen Konferenz für einen kurzen Besuch akzeptiert.
Die europäisch-asiatische Konferenz letztes Jahr in Istanbul war ein internationales Treffen, das sich zu Fragen der Terrorgefahr und dem Missbrauch der Religion aus Sicht der muslimischen Verbände widmete. Dieser Austausch ist wichtig, auch für die Schweiz.

Was ist Ihre Position zur Politik von Herrn Erdogan?
Für internationale Geschehnisse in der Politik ist und bleibt die FIDS weiterhin neutral. Es gibt weltweit mehr als 50 Länder,  die muslimisch geprägt sind.  In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass genau solche politischen Themen stark polarisieren können. Als FIDS müssen wir auf Themen in der Schweiz fokussieren und keine ausländischen Probleme importieren. Diese Neutralität wird auch an der Basis so gelebt, wie man diese Woche erneut feststellen konnte. Als unbekannte Personen parteiische Flyer zum Verfassungsreferendum in türkischen Moscheen verteilt hatten, haben die jeweiligen Moscheeverantwortlichen diese umgehend wieder entfernt.

Sind Sie oft für die FIDS im Ausland unterwegs?
Nein, sehr selten. Im letzten Jahr war ich nur zwei Mal für den Austausch im Ausland  unterwegs und musste mehrere Einladungen aus terminlichen Gründen ablehnen. Neben dem Kurzbesuch in Istanbul wurde ich an eine OSZE Konferenz in Berlin eingeladen. Herr Frank-Walter Steinmeier als Vorsitzender der OSZE hat die Konferenz zu “Toleranz und Vielfalt“ eröffnet.  Für ein friedliches Zusammenleben ist es sehr wichtig die gesellschaftlichen Stärken zu fördern.  (https://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2016/161020_BM_OSZE_Toleranz.html)

Wenn Sie es gewusst hätten, würden Sie sich in Istanbul wieder für ein solches Bild fotografieren lassen?
Warum nicht?  Das Bild zeigt, dass wir uns auch in Schweiz für das Thema Sicherheit und Terrorismusgefahr interessieren mit anderen Ländern Erfahrungen austauschen.  Daher hätte man mich letztes Jahr genauso auch mit Herr Frank-Walter Steinmeier, Herr Johan Schneider Amman oder mit Prof. Dr. Ahmad Al Tayyeb, dem ägyptischen Spitzenvertreter der angesehenen Al-Azhar Universität in der Schweiz fotografieren können.
Als Präsident der FIDS muss ich im Austausch mit verschiedenen Positionen sein und zugleich auch als Brückenbauer in unserer Gesellschaft aktiv mitwirken. So habe ich letztes Jahr im Patronatskomitee das Jubiläum zu “150 Jahren Gleichberechtigung der Schweizer Juden“ unterstützt. Ich war am Jubiläum 70 Jahre ökumenische Ausbildung des Instituts Bossey eingeladen, am 20 Jahre Jubiläum der Zürcher Lehrhauses, am 10 Jahre Jubiläum des Schweizer Rats der Religionen oder am der 10 Jahre Jubiläum von IRAS COTIS (interreligiöse Arbeitsgemeinschaft). Dieses Jahr bin ich wiederum im Patronatskomitee “500 Jahre Reformation“. Bei jedem von diesen Terminen sind mehrere prominente Personen präsent. Das heisst aber nicht implizit, dass ich immer die gleichen Ansichten teile. Eine religiöse oder politische Gesinnung aufgrund von Fotografien zu bestimmen, erachte ich als sehr gesucht und wir finden es schade, dass unser Engagement für die Gesellschaft durch hochgebauschte Skandalisierungsrhetorik ins Negative gezogen wird.

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