Interview mit Imam Yusuf Gürgün

Ein weiteres Interview wurde mit dem türkischen Imam Yusuf Gürgün geführt. Er ist ungefähr seit einem Jahr, als Imam in einer Moschee in Egnach im Kanton Thurgau tätig. Er zählt zu den jungen Imamen, ausserdem ist er in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Herr Gürgün hat die Handelsmittelschule in der Schweiz besucht und später in der Türkei Islamische Theologie studiert.

N.C.: Herr Gürgün, was ist Ihre wichtigste Erkenntnis in diesem Workshop?
Herr Gürgün: An diesem Workshop habe ich festgestellt, dass gewisse Verantwortungen auf die Imame zukommen. Zudem findet eine positive Entwicklung zur Stellung der Imame innerhalb der Schweiz statt.
N.C.: Welche Erfahrungen haben sie mit Ihrem Projekt im Zeitraum seit dem Juni gemacht?
Herr Gürgün: Die grösste Erfahrung betraf die Sitzungen zum Thema des islamischen Religionsunterrichts in Romanshorn. Diese Sitzungen wurden zusammen mit der Gemeinde und den muslimischen Moscheevereinen, aber auch mit den ökumenischen Vertretern durchgeführt. Diese Zusammenarbeit ist wertvoll und vielleicht werden wir schon im nächsten Sommer mit unserem eigenen islamischen Religionsunterricht starten können. (Im Kanton Thurgau findet in einigen Gemeinden seit längerem ein Islamunterricht innerhalb der Schulen statt.)
N.C.: Während Ihrer Präsentation haben Sie erwähnt, dass sie mit drei Moscheen eine gemeinsame Sitzung zu diesem Thema durchgeführt haben. Könnten Sie uns vielleicht sagen, wie diese Unterstützung aussieht?
Herr Gürgün: Während dieser Sitzung ging es mehrheitlich darum, wie wir beim Thema Islamunterricht vorgehen wollen. Wir mussten uns über unsere Ressourcen, Möglichkeiten und über die Voraussetzungen austauschen. Letztendlich soll dieses Projekt den Muslimen, aber auch dem Gemeinwohl innerhalb der schweizerischen Gesellschaft dienen.
N.C.: Ist dieses Projekt von Ihnen ausgegangen? Oder gab es dazu schon Vorreiter?
Herr Gürgün: Seit zehn Jahren schon wird in Kreuzlingen der Islamunterricht in den Schulen angeboten. In diesem Zusammenhang hatte ich Kontakt mit dem Imam Reyhan Neziri, welcher den Islamunterricht als Lehrer anbietet. Daher rührte auch meine Idee zu diesem Projekt. Nach meinem Besuch beim Integrationsamt hat sich vieles verstärkt und entwickelt.
N.C.: Wie hat sich Ihre Rolle seitdem verändert?
Herr Gürgün: Selbstverständlich ist meine Arbeit viel intensiver geworden. Vollzeit in der Moschee zu arbeiten, eine Weiterbildung zu absolvieren und das Privatleben unter einen Hut zu bringen, fordern mich schon ein Stück heraus. Da ich mein Projekt aber voranbringen möchte, beinhaltet mein Ziel schon nach den Sommerferien mit dem Unterricht starten zu können. Dabei muss ich aber auch immer wieder abwägen, welche Arbeit Vorrang hat.
N.C.: Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in Ihrer Gemeinde?
Herr Gürgün: Ich bin ein Imam, der noch nicht allzu lange Erfahrungen in diesem Job hat. Aber ich habe glücklicherweise einen Vorteil, weil ich die deutsche Sprache gut beherrsche, in der Schweiz aufgewachsen und mit den Gepflogenheiten des Landes vertraut bin. Deshalb erwartet man von mir, dass ich mich intensiv mit den Jugendlichen beschäftige, viele Vorträge halte und gleichzeitig meinen Tätigkeiten als Imam voll und ganz nachkomme. Aber ich möchte auch Zeit für meine Weiterbildungen erhalten, damit ich mich weiterentwickeln kann. Alle aufgezählten Bedürfnisse gleichzeitig abdecken zu können ist natürlich nicht ganz so einfach.